Den Artikel gibt es auch auf meiner Webseite: https://www.g33ktheory.com/physik-in-minecraft/
1. Einführung
Das beliebte Videospiel Minecraft basiert auf einer Welt, die fast vollständig aus Würfeln der Seitenlänge \(1\)m aufgebaut ist (nachweisbar durch Pixel-Measurement in Photoshop). Obwohl es im Spiel weitere zu berücksichtigende Items gibt, werden wir vereinfacht davon ausgehen, dass jedwede Masse in „1m Würfeln“ quantisiert ist. Die Plancklänge ist eine subatomare und fundamentale Länge, welche die kürzeste messbare Strecke zwischen jeglichen physikalischen Prozessen repräsentiert. Die Ursprünge der Plancklänge sind zu detailliert, um sie in diesem Artikel zu erläutern. Nur so viel: die Größe folgt aus der verallgemeinerten Unschärferelation nach Heisenberg und besitzt den Wert $$l_P=\sqrt{\frac{\hbar\cdot G}{c^3}}=1.62\cdot 10^{-35}\mathrm{m}$$ wobei \(\hbar\) das reduzierte Plancksche Wirkungsquantum \(\left(\frac{h}{2\pi}\right)\), \(G\) die Gravitationskonstante und \(c\) die Lichtgeschwindigkeit ist. Es wird weitgehend vermutet, dass diese drei Werte als Konstanten im gesamten Universum Gültigkeit besitzen. Allerdings untersuchen wir in diesem Artikel die Effekte einer Variation dieser drei „Konstanten“ im Minecraft-Universum, sodass eine Plancklänge von exakt einem Meter ermöglicht wird (siehe einleitende Annahme). Es sei vorab bereits erwähnt, dass Materie so wie wir sie als aus Protonen, Neutronen etc. (alle um ein Vielfaches kleiner als \(1\)m) bestehend kennen, bei solch einer Plancklänge ohnehin nicht existieren könnte.
2. Variation der Lichtgeschwindigkeit \(c\)
In dem Fall, dass \(\hbar\),\(G\) ihre Werte behalten und \(c\) zwecks Ermöglichung der Veränderung in \(l_P\) durch \(l_P=1m\) variiert wird, erhalten wir die folgende Gleichung für den neuen Wert von \(c\): $$c\rightarrow \sqrt{\frac{hG}{1m}}=1.92\cdot 10^{-15} \frac{m}{s}$$ Dieser reduzierte Wert für die Lichtgeschwindigkeit würde bedeuten, dass Sonnenlicht mehr als \(10^{25}\) Jahre bis zur Erde benötigen würde. Da dies um ein Vielfaches länger als das Alter des uns bekannten Universums \(\left(\approx 1.34\cdot 10^{10} \right)\) Jahre ist, können wir schlussfolgern, dass es im Minecraft Universum kein Sonnenlicht gäbe. Zudem würde sich die Massen-Energie-Äquivalenz gemäß Einsteins weltberühmter Formel $$E_m=m_0\cdot c^2$$ wobei \(E_m\) die potentielle Energie eines Teilchens und \(m_0\) seine Ruhemasse ist, ändern. Nehmen wir an, dass die Energie jedes einzelnen Partikels in diesem Universum der in unserem entspricht, müsste sich die Ruhemasse um einen Faktor von \(\left(\frac{l_P}{1m}\right)^{-\frac{3}{4}}=2.47 \cdot 10^{46}\) ändern. Und ja, das hätte enorme Konsequenzen für die dortige Gravitationskraft. Da Gravitation vom Produkt zweier Massen abhängt, würde diese im Minecraft-Universum um einen Faktor von \(\left(\frac{l_P}{1m}\right)^{-\frac{3}{8}}=6\cdot 10^{92}\) von den hiesigen Kräften abweichen. In Folge dessen wäre die Gravitationskraft zwischen zwei Protonen \(4.75\cdot 10^{56}\) mal größer als die Coulomb-Abstoßung zwischen ihnen. Wenn \(\epsilon_0\) vergrößert würde, um diese Lichtgeschwindigkeitsreduktion zu ermöglichen, würde die Coulomb-Kraft noch kleiner, was in letzter Konsequenz bedeutet, dass Atome zu existieren aufhören würden. Stattdessen würden Elektronen in den Kern gezogen, wo sie gemeinsam mit den Protonen Neutronen bilden würden. Weil Neutronen keine Coulomb-Abstoßung haben, würde all diese baryonische Masse attraktieren und höchstwahrscheinlich kollabieren, um 'instant' eine Art Neutronenstern zu formen. Dieser Prozess würde so lange andauern, bis genug Masse akkretiert wurde, um ein Schwarzes Loch zu bilden. Offensichtlich wäre das eine Katastrophe für jegliche Form von Leben, weshalb wir davon ausgehen können, dass es in diesem fiktiven Universum nicht zur Bildung eines Schwarzen Lochs kommen wird (immerhin springt der Spieler putzmunter und voller Tatendrang noch immer über die bunten Blöcke).
3. Variation der Gravitationskonstante \(G\)
Es könnte aber auch sein, dass die Lichtgeschwindigkeit in Minecraft denselben Wert wie bei uns besitzt. Auch in diesem Fall können wir uns auf ein interessantes Gedankenexperiment einlassen, z.B. indem wir uns überlegen, dass \(G\) andersartig ist. Um \(l_P=1m\) zu gewährleisten, müsste \(G\) auf den Wert $$G\rightarrow 2.55\cdot 10^{59}\frac{m^3}{kg\cdot s^2}$$ erhöht werden. Vergleicht man das mit dem üblichen Wert von $$6.67\cdot 10^{-11}\frac{m^3}{kg\cdot s^2}$$ (man beachte das Minus im Exponenten!), wird schnell klar, dass der Effekt derselbe wie bei der zuvor bereits beschriebenen Bildung Schwarzer Löcher wäre. Die Anziehungskraft zweier Protonen wäre \(2.97\cdot 10^{33}\) mal größer als die Coulomb-Abstoßung zwischen ihnen. Peng … ein Schwarzes Loch, das wir jedoch bereits ausgeschlossen haben.
4. Variation des reduzierten Planckschen Wirkungsquantums
Die letzte Fundamentalgröße, die wir nun (gedanklich) ändern werden, ist \(\hbar\) bzw. \(h=2\pi\hbar\) ist der Quotient der Energie einer elektromagnetischen Welle und ihrer Frequenz. \(\hbar\) besitzt einen Wert von \(6.63\cdot 10^{-34}Js\). Im Minecraft-Universum könnte es z.B. den Wert $$h \rightarrow 2.53 \cdot 10^{36}\mathrm{Js}$$ besitzen. Ein Photon gegebener Frequenz in diesem Universum besäße eine Energie, die \(3.8\cdot 10^{69}\) mal größer als die desselben Photons in unserem Universum wäre. Sichtbares Licht in solch einer Situation besäße eine Energie zwischen \(1.01\cdot 10^{51}Js\) und \(1.90\cdot 10^{51}Js\), was etwa dem \(7\cdot 10^{33}-\)fachen der größten Nuklearexplosion der Menschheitsgeschichte entspräche. Dieses eine Photon hätte bereits eine Energie, die in unserem Universum der Erde in \(2\cdot 10^{26}\) Jahren von der Sonne entgegengestrahlt wird. Also energetisch scheint es „dort drüben“ wohl keine Engpässe zu geben. Es sei denn, der Betrieb verschiedener Gerätschaften wäre ebenfalls höher, wovon auszugehen ist.
5. Fazit
Es sollte angekommen sein, dass die Veränderung von auch nur einem der drei Parameter in der Gleichung zur Berechnung der Plancklänge bereits verheerende Auswirkungen in der Klötzchenwelt hätte. Als Gesamtfazit halten wir also fest: wenn es ein Minecraft-Universum gäbe, das die Existenz lebender Organismen zuließe, dann wäre es Leben, das wir in dieser Form noch nie zuvor gesehen haben.
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